Testbericht Subaru Levorg 2016

Das Beste aus beiden Welten

Zwei Autos, zwei Antriebskonzepte: Die Mitglieder SIGTC-Vorstands durften die aktuellen Modelle von WRX STI und BRZ Probe fahren. Wie schlagen sich die Neuen im Vergleich zu ihren Vorgängern? Der Erlebnisbericht eines eingefleischten GT-Besitzers.

Ein blauer STI, mit Sternen beklebt – der Test lässt sich gut an. Sportlich-komfortabele Sitze, Ziernähte und unterschäumtes Plastik - das Interieur wirkt auf einen GT-Fahrer fast mondän. Und schon auf den ersten Kilometern wird klar: Der neue STI kann erwartungsgemäß einiges besser als sein Vorfahre. Die kurze Lenkübersetzung, die knackige Schaltung, die gut zupackende Bremse – all das würde ich mir für meinen siebzehn Jahre alten Impreza wünschen.

Und dennoch: Überbordende Begeisterung will sich nicht einstellen. Der Motor schiebt zwar kraftvoll von untern heraus, doch scheint ihm der allerletzte Biss zu fehlen. Die erste zügige und kurvige Bergabfahrt lässt zudem erahnen: Für richtig sportliches Fahren könnte das Auto etwas leichter sein.

Die Soundkulisse ist gedämpft, Boxergrummeln ist kaum zu hören und auch sonst geht es im Innenraum eher zahm zu. Ich muss an meinen GT denken: Wenn man im GC8 beschleunigt, hört man aus dem Bereich des Beifahrer-Fußraums das markante Sirren des Turboladers. Blickt man im neuen STI in diese Richtung, sieht man Lautsprecher mit einem „Harman/Kardon“-Schriftzug.

Wir machen einen ersten Zwischenstopp, um die beiden Fahrzeuge zu fotografieren. Auf dem Gipfel des Großen Feldbergs versuche ich, den STI möglichst parallel neben dem BRZ in Szene zu setzen. Das Rückwärtsrangieren ist nicht ganz so einfach, die nach hinten ansteigende Seitenlinie des Wagens in Verbindung mit der schmalen Heckscheibe machen es schwierig abzuschätzen, wo der Wagen aufhört - eine typische Eigenheit moderner Autos. Während ich noch vor- und zurücksetze, macht mich mein Beifahrer darauf aufmerksam, dass ich dafür doch eine Rückfahrkamera hätte. Und Tatsächlich! Der Bildschirm in der Mittelkonsole hat nach dem Einlegen des Rückwärtsgangs umgeschaltet. Darauf bin ich nicht vorbereitet: Das Auto mit den Rallye-Genen hat eine Rückfahrkamera. Was kommt als nächstes? Ein Spurhalte-Assistent?

Es ist eine Crux: Wer heute Autos verkaufen möchte, muss den Kunden etwas bieten. Deshalb hat auch der STI einige „Segnungen“ der modernen Technik an Bord. Autokäufer erwarten heute scheinbar ein „Keyless-Access-System“, einen Totwinkel-Warner, elektronische Fahrdynamikregelung, einen Fernlichtassistenten, eine Rückfahrkamera und Bluetooth-Irgendwas, um das Smartphone mit dem Auto verbinden zu können. Aus der reinen Fahrmaschine wird so ein ziemlich schneller Allrounder. Der WRX STI versucht den Spagat.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der STI ist technisch nahezu perfekt. Der Wagen liegt gut auf der Straße und hat sicher nicht zu unrecht viel Lob in der Fachpresse bekommen. Der ruppige Charme älterer Modelle geht ihm allerdings ab. Die Unmittelbarkeit des Fahrerlebnisses auch.

Die alten Impreza Turbos waren noch echte Schmuddelkinder. Ein wenig hat man sich anfangs für sie geschämt, irgendwann dann aber trotzig verteidigt, weil man wusste, was man an ihnen hatte. Mein Eindruck: Mit dem neuen STI soll man sich wohl nicht mehr ganz so hemdsärmelig vorkommen, wenn der Nachbar mit dem vollausgestatteten Firmenwagen-Passat vorfährt.

Verkläre ich die alten Modelle? Ja, vielleicht. Potenzielle Käufer, die den Vergleich mit einem GC8 nicht haben, stören sich an den modernen Features womöglich gar nicht. Die langjährigen Impreza-Fans dagegen, die ich kenne, kaufen einen STI nicht wegen einer Rückfahrkamera oder einer Bluetooth-Schnittstelle – da bin ich mir ziemlich sicher.

Deshalb zur Gretchenfrage: Würde ich diesen Wagen gegen meinen GT eintauschen? Während ich noch darüber nachdenke, fällt mein Blick auf die Digitalanzeige in der Mittelkonsole. Eine von vielen sportlich ambitionierten Fahrern herbeigesehnte Anzeige für die Öltemperatur gibt es auch im aktuellen Modell noch immer nicht. Dafür eine, die mir (mit der unvermeidlichen digitalen Latenz) anzeigt, zu wie viel Prozent ich das Gaspedal durchgetreten habe. „If in doubt, flat out.“ - Im Zweifelsfall Vollgas, wird die Ikone aller Impreza-Fans immer wieder gerne zitiert. Ich frage mich, was ein Instinkt-Fahrer wie Colin McRae wohl zu dieser Anzeige gesagt hätte?

Zeit, in den BRZ einzusteigen. Wobei es weniger ein Einsteigen ist als vielmehr ein Hineinfallen. Die Sitzposition ist tief und sportlich, im Innenraum des BRZ geht es ein wenig spartanischer zu. Wobei auch das neuste Modell des BRZ jetzt einen Touchscreen-Monitor und das bereits erwähnte „Keyless-Access-System“ hat – auch hier ging es nicht ganz ohne Zugeständnisse an den Zeitgeist.

Aber sei es drum. Puristen freuen sich dafür an einigen netten kleinen Details: An den simplen Kippschaltern für die Klimaanlage etwa oder an der simplen Digitaluhr – da fehlt eigentlich nur noch der Bright-Schalter. Warm ums Herz wird es GT-Fahrern auch, wenn die Türen mit den rahmenlosen Scheiben schnarrend ins Schloss fallen.

Der Blick in Richtung Schalthebel sorgt zunächst für eine Überraschung: Hier ist ein Automatik-Getriebe an Bord! Die gute Nachricht: Mit den Schaltwippen am Lenkrad kann man die Gänge im BRZ auch vollständig manuell einlegen.

Die ersten Kilometer und Kurven im BRZ sorgen ebenfalls für große Augen. Die Straßenlage ist grandios. Der Wagen wirkt leichter und agiler als sein Bruder, der STI. Die Mittester schwärmen von der Lenkpräzision und stellen sich bereits vor, wie sie den Wagen wohl auf der Rennstrecke am Kurveneingang anstellen könnten. Fast vergisst man, dass hier kein Allrad an Bord ist. Allzu kühn sollte man mit dem Testwagen also lieber nicht werden.

Was man dagegen deutlich merkt: Es fehlt der Turbo. Der Wagen hat natürlich nicht den Bums des STI. Er kompensiert das aber mit einer Unmittelbarkeit, der man sich nur schwer entziehen kann. Der Saugmotor braucht hohe Drehzahlen und belohnt den permanenten Druck aufs Gaspedal mit einer beachtlichen Geräuschkulisse im Innenraum. Dass hier ein Boxermotor am Werk ist, merkt man am Klang zwar weniger, aber die Lautstärke macht dennoch Freude. Hier dürfte das Radio häufiger stumm bleiben.

Dass gefühlt etwas mehr Leistung unter der Haube stecken könnte – diese Diskussion verfolgt den BRZ seit seinem Erscheinen. Trotzdem kann man mit ihm schnell unterwegs sein. Haben Veranstaltungen des SIGTC nicht schon gezeigt, dass der BRZ in den Händen geübter Fahrer durchaus auch mit den Turbos mithalten kann?

Ich bin verwirrt. Hatte ich mich eben noch für einen verbohrten GT-Romantiker gehalten, der Veränderungen beleidigt ablehnt, habe ich plötzlich Spaß an einem Auto mit Heckantrieb, Saugmotor und Automatikgetriebe! Warum ist das so? Was hat der BRZ, was der STI nicht hat?

Vielleicht ist es die Konzentration auf das Wesentliche: Der BRZ ist das, was Engländer ein „driver‘s car“ nennen – ein Auto für Leute, die einfach nur Auto fahren wollen. Der WRX STI dagegen muss aufpassen, dass er diesen Anspruch nicht aus den Augen verliert.

Die Erkenntnis am Ende des Testtages: Ein entschlackter, um einige Kilos und technische Spielereien abgespeckter STI oder ein BRZ-Modell mit etwas mehr Dampf – das wäre das Beste aus beiden Welten. Man wird ja noch träumen dürfen.

Text: Achim Ginkel
Bilder: Holger Kollenberg, Achim Ginkel, Rene Hossfeld
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